Ein kurzes Wort zur Subkultur

Als einer der herzblutorientierten Vertreter der Kleinen, der aus einem Drang, heraus Schaffenden, möchte ich hier all denen das Wort reden, die weder vom staatlich subventionierten Kulturbetrieb, noch von der popkulturellen Maschine finanziell oder sonst wie ernährt werden.

Es ist ein weit verbreitetes Missverständnis, auch und sogar unter vielen meiner engen Freunde, dass Kunst - sei es Musik oder Malerei, Performance oder Schreiben, Bildhauerei oder Fotografie - doch zu etwas führen müsse. Und was mit "etwas" gemeint ist, lässt sich in zwei Worten zusammen fassen: Geld und Bekanntheit.

Dabei wird in gewiss 95% aller Fälle übersehen, dass es der Subkultur genau darauf nicht ankommt. Abgesehen von einem ohnehin existenten, gesunden Misstrauen dem Mainstream gegenüber gilt: Es ist mitnichten das Ziel eines Künstlers - und war es noch nie - mit seiner Kunst möglichst viel Geld zu machen, ja nicht einmal davon leben zu können. Es kommt absolut nicht darauf an, dass man seinen Namen in versalen Lettern in der Klatschpresse liest. Es ist zwar wunderschön, wenn möglichst viele Dein Bild betrachten, Deinen Roman lesen, Deine Ausstellung oder Deine Konzerte besuchen - aber im Grunde kommt es auch darauf nicht an. Es ist gänzlich ohne Belang. Es ist einzig und allein wichtig, dass Du rauslässt, was raus muss.

Spannend ist, dass an sich als Künstler stetig dafür rechtfertigen muss, warum man denn hier noch nicht ausgestellt, dort noch nicht gespielt oder da noch nicht gelesen habe. Die Wenigsten sind bereit sich auf Kunst wirklich einzulassen - unabhängig von Rang und Namen eines Künstlers. Doch wer verleiht hier das Signet "Rang und Namen"? Die Fachpresse, das Feuilleton, Kunstinteressierte, Menschen, die noch niemals einen kreativen Drang verspürt haben?

Ich könnte jeden Sonntag Abend kotzen, wenn ich in der ARD die von mir eigentlich gern gesehene Sendung ttt einschalte, und mir einmal mehr der neue, natürlich wunderhübsch anzusehende Soulgesangsstar präsentiert wird, der uns alle jetzt ob seiner einzigartigen Stimme ach so irre umhauen muss. Jeden Sonntag. Um Inhalt geht es hier dabei eher selten, junge Musik, politische Musik, ambitionierte, risikobehaftete Musik? Fehlanzeige. Mir fällt dieser Hohn allen Musikern gegenüber, die mit ihrer Musik etwas ausdrücken, verändern, bekämpfen wollen natürlich besonders auf - bin ich doch selber Musiker. Ich denke aber, es geht anderen Künstlern in der Wahrnehmung der abgebildeten Kunst hier nicht wirklich anders.

Gesellschaftlich der Konsens tragenden Ignoranz gegenüber der aus sich heraus erwachsenden Kunst die glänzendste Krone aufsetzend, ist jedoch jene bildungsbürgerlich etablierte Haltung, zu keiner Vernissage unbekannter Künstler seiner Heimatstadt, zu keinem Konzert einer Band, die man nicht aus dem Formatradio kennt, zu keiner Lesung eines ungedruckten Schriftstellers aus der Region zu gehen - ABER dann nach fucking Berlin zu fahren und hier jede verdreckte Innenhof-Spelunke für ihre dichtenden Säufer zu feiern, da HIER ja die Subkultur noch richtig lebt! Und dann bei jedem Besäufnis im Freundeskreis mit Inbrunst und einer unfassbaren Ignoranz zu betonen, es gäbe ja nichts Neues und Relevantes mehr.

Unser Kulturtourismus zeigt, wie oberflächlich unser Kunstverstand in Wirklichkeit ist. Wie sehr das "Ich war da"-Phänomen bestimmt, welche Ausstellungen besucht werden, unfrei nach dem Motto: "Kann ich das erzählen, dass ich da war und wie sehr werde ich dafür bewundert?" Und nein, richtig Arschloch, Du wirst in der Masse gewiss nicht dafür bewundert werden, wenn Du mit den Namen nie gehörter Künstler um Dich wirfst. Nein, da wird kein Glanz eines Gerhard Richter auf Dich abstrahlen, der hochbegabt, aber offensichtlich inhaltlich schon immer inspirationslos sein Werk den Massen in ausverkauften Monsterausstellungen präsentiert, was ich hier nicht einmal Herrn Richter vorwerfen möchte.

Hier ist eine Lanze, all jenen, die etwas in sich spüren, die dem was sie in sich tragen Ausdruck verleihen wollen. Verzweifelt bloß nicht daran, dass Ihr glaubt, niemand würde sich für Eure Kunst interessieren, denn das ist scheißegal. Es ist wichtig, dass Ihr es spürt, dass Ihr es heraus lasst, dass Ihr kreativ seid. Kunst ist Kunst, jenseits von Zuschauern oder Lesern, ungeachtet von Charts und Rankings. Derartige Maßstäbe haben Bürokraten eingeführt, die Unkreativen, die Neidischen, die gewiss selbst niemals erschaffen haben und werden.

Es gibt so viele Vorbilder in Sachen Do It Yourself in beinahe allen Epochen. Der Dadaismus, der Punk, der Hardcore, die kreativen Keimzellen einer jeden Subkultur. Lasst Euch nicht von Redakteuren oder Kritikern erzählen, dass das was Ihr tut weniger wert ist, als das was andere tun, weil die vielleicht mehr verkaufen. Scheißt auf ihre Punktesysteme. Führt Euch vor Augen, dass Kunst und Verkaufen, im Prinzip Gegensätze sind, denn Ideen, die zu Geld werden, sich verkaufen, werden Mainstream und wollen nicht mehr Probleme skizzieren, sondern mutieren zum Selbstzweck, und das ist das Verkaufen.

Und wenn Euch Freunde das nächste Mal fragen, was Ihr mit Eurer Kunst erreicht habt, sagt Ihnen, sie mögen es selbst herausfinden. Wenn sie den Mut und die Energie dazu haben.


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Der Kern

Es ist der Kern. Das Herz. Das Wesen von jedem, von allem.

Es ist die Sehnsucht, den Dingen möglichst nahe zu kommen. Und im Grunde ist alles ohne das Wissen um den Kern nichts. Es ist verrückt danach zu suchen - und noch viel verrückter es sein zu lassen. Man kann es also (im Grunde) nicht richtig machen, aber - und das ist die gute Nachricht - auch nicht falsch.

So trennt sich der Weg derer, die es richtig machen, und derer, die es nicht falsch machen wollen. Fraglich ist, wer von beiden es aus seinem Antrieb heraus versucht und wer es genau aus dem selben Grunde lässt. Ist im Grunde, nicht im Kern, aber auch egal.

Wichtig ist vermutlich nur, was man aus der jeweiligen Wahl heraus macht - oder lässt. Denn wenn man sich dem Kern, dem Herzen, dem Wesen aller Dinge bewusst nähert, oder ihm bewusst fern bleibt, ändert man es - hat man zumindest die Chance es zu ändern.

Und nicht zuletzt das zu versuchen ist die Pflicht eines jeden, der dem Kern näher kommen möchte - oder gar muss. Auch wenn es klingt wie eine Chance, eine freiwillige Entscheidung, ist es für diejenigen die es anstreben, nicht selten eine Unabdingbarkeit. Ein Zwang der allerdings paradoxerweise eine Chance bedeutet. Und so mündet es in einen Kreislauf.

Und so suche ich den Kern. Das Herz. Das Wesen von jedem, und allem.

Niesgewalt vs. Qualbefreite

Der Niesgewalt ich Einhalt such, die Frühlingssonne steht im Ruch,
Der Bösewicht des Spiels zu sein, drum geh ich selbst fürs Sonnen rein.

Den Qualbefreiten schau in Ruh, ich ohne Neid von innen zu,
Wie sie sich unter Birken scharen, um sommerlichen Schein zu wahren.

Sie grillen sich zu jeder Stund, den nackten Körper rundum wund,
Bis Teile der gegrillten Stellen, sich ganz von selbst vom Leibe pellen.

Der Mücke sind sie ausgesetzt, die sie sogleich im Schwarm zerfetzt,
Die Wespen tun es ihnen gleich, und rauben noch ihr letztes Fleisch.

Vernetzt mit Mobilendgeräten, sie virtuell das Gras betreten,
Und postend voller Wortgeschick, teiln sie mir das dann auch noch mit.

Die Selfies füllen Timelines fixer, als Alkopops die ganzen Typen,
Sie preisen Sommersonnensinn, und nähren meinen Sommergrimm.

Erwägend ein Gedicht zu schreiben, verbleib ich zürnend beim Verbleiben,
Im Niesen episch ausgemaßt, und zwischen drin betont verhasst.

So tu ichs allen Grillern gleich, und wähne mich voll Sommers reich,
Ich schmeiß mich unter die Gesunden, und niese schamlos meine Wunden.

Den Birken werf ich gönnend Blicke, durch Ast und Zweig tief ins Gewicke,
Die Qualbefreiten straft mein Niesen, es ist, als würd ich Blumen giessen.

Ich gehöre mir eigentlich gar nicht

Ich bin der Rechteinhaber meiner Urängste. Und ich erwarte stündlich einen persönlich via Sendboten zugestellten Brief von der GEMA, die mir standrechtlich mitzuteilen gedenkt, dass dem nicht so ist. Schließlich habe ich ja keinen Freistellungsauftrag zur kostenfreien Nutzung meiner Ängste bei der Pseudobehörde angefragt.

Das alleine wäre beinahe noch zu ertragen, so wäre man im Falle eines Anfalles von Urängsten wenigstens nicht alleine. Sofort stünden einem zwei, drei Pseudobeamte zur Seite, die einem mit fiktiven, da völlig willkürlich festgelegten Rechnungsbeträgen vor der Nase herumfuchtelten und auf die sofortige Begleichung dieser Pseudorechnung bestünden.

Was aber, wenn ich unerwartet eine Fantasie in die Tat umsetzte? Ungefragt und nicht genehmigt von der GEMA? Darf ich ja schließlich nicht einfach machen. Eine Idee, die ich irrigerweise als die meine erachtete, Gestalt annehmen zu lassen, ohne zuvor einen der wirklich so wichtigen wie umsichtigen und im Wohle der Kunst handelnden Pseudobeamten gefragt zu haben.

Wo kämen wir denn da hin? Wenn sich plötzlich jeder befähigt sähe, seiner Kreativität einfach so ungefiltert und - das ist der Punkt - ungenehmigt und - das ist der zweite Punkt - unbezahlt und ungehemmt freien Lauf zu lassen. Das wäre ja verrückt. Eine unregulierte, eine enthemmte, eine kreative, eine freie Gesellschaft! Das darf nicht sein. Das sehe ich natürlich ein. Das hier ist Deutschland. Wir brauchen immer jemanden, der uns sagt, was wir dürfen und ob wir es überhaupt dürfen, und vor allem wann und zu welchen Bedingungen wir es dürfen. 

Ich mag die GEMA!
Ich mag die Regulierung.
Ich mag Klugscheißer und kreative Bremsen.
Ich mag Beamte und regulierende Paragraphenreiter.
Ich mag gedankliche Fesseln und staatliche Bevormundung.
Ich mag kleinkarierte Sakkoträger im Geiste.
Ich mag horizontal beschränkte Stempelkissenverbraucher.

Und vor allem mag ich es zu wissen, gegen was es sich bis aufs Blut zu kämpfen lohnt!